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Hydaara

(New Colonies Territory)

Es regnete. Das Heulen der Energieumformer und Pulsormotoren lag schwer über der von tiefen Furchen gezeichneten Schlammpiste. Landcrawler mit breiten Kettenlaufwerken benutzten die Piste mehrmals täglich um Rohstoffe von den Abbaustätten zum Raumhafen und Versorgungsgüter von dort zur Siedlung zu transportieren.

Landcrawler sind riesige Lastwagen mit 8-10m Breite, 10-20m Höhe und über 100m Länge, zumeist aus einer Zugmaschine auf zwei paar Laufketten, einem Auflieger mit einem weiter paar Laufketten, sowie einem weiteren Trailer bestehend aus einem Auflieger mit einem zusätzlichen Kettenlaufwerk als Kupplung zum vorderen Auflieger.

Warum MacCabe sich freiwillig beim Sicherheitsteam gemeldet hatte, welches die Strecke sicherte, konnte er heute, knapp eine Woche später, nicht mehr genau sagen, denn die Bezahlung war mäßig, es regnete seit 4 Tagen ohne Pause und der Bau der Wildbarrieren entlang des Perimeterverlaufs ging mehr als nur schleppend voran.

Man konnte nicht behaupten das Vincent MacCabe nach einer ereignislosen Woche in der zunehmend kälteren Luft des beginnenden Winters besonders aufmerksam war. Irgendetwas in seinen Augenwinkeln erregte plötzlich seine Aufmerksamkeit. Adrenalin durchspühlte in der Schrecksekunde seinen Körper als er aufgeschreckt mit dem Kopf herumzuckte und eine schlanke hochgewachsene Gestalt unter ihm im Unterholz erblickte.

Der etwa 20m entfernt stehende Fremde trug offenbar grünliche Tarnkleidung die nahezu perfekt mit der Textur des Waldes übereinstimmte und beobachtete ihn aufmerksam. Eine Art metallischer Speer, den er in der rechten haltend neben sich aufgestellt hielt war etw einen halben Meter größer als die Gestalt. Zudem trug er so etwas wie eine Waffe oder ein Werkzeug in der anderen Hand.

Kurz nachdem MacCabe sich zu dem Fremden umgedreht hatte tauchte dieser seitlich ins Unterholz ab und verschwand in der Geräuschkulisse der Piste lautlos. Einem Impuls folgend wollte MacCabe ihm nachsetzen, dorch er durfte seinen Posten nicht verlassen.

Aufgekratzt und hyperperzeptiv verweilte MacCabe bis zum Schichtende auf dem mobilen Wachturm. Als liam O´Connor, seine Ablösung für Heute, die elektrische Liftplatform anforderte fragte sich Liam ob er seine Beobachtung erzählen sollte oder zunächst darüber schlafen sollte.

Als der Söldner von der Liftplatform durch die Bodenluke gehoben wurde, hatte sich MacCabe dagegen entschieden.

„Keine besonderen Ereignisse!“ meinte er als Liam das mit modernster Elektronik vollgestopfte Fernglas an die Augen hob und aufmerksam die Umgebung beobachtete.

Na dann, MacCabe“, brummte er. „Na dann“, dachte MacCabe und ließ sich vom Lift herunter fahren.

Der Mohawk Geländewagen bringt ihn in kurzer Zeit zurück in die Siedlung, deren 5m hoher Perimeterzaun einen gewissen Schutz gegen die potenziellen Gefahren dieser neuen Welt suggeriert.

Hydaara liegt etwa 83 Lichtjahre vom Solaris-System entfernt im New Colonies Territorium und hat zur Zeit eine Bevölkerung von knapp 400.000 Kolonisten. Reiche Erzvorkommen und einige Tempelrelikte machen den Planeten für eine Besiedlung interessant. Die meisten Kolonisten hoffen hier auf einen schnellen Reichtum und ein langes sorgenfreies Leben. Real jedoch ist, dass die meisten Kolonisten gerade Mal so eben ihr Auskommen haben und mit harter körperlicher Arbeit und wenig Freizeit konfrontiert sind.

MacCabe kam hierher als Teil einer Erzfrachter-Crew, wurde jedoch nach einer durchzechten Nacht völlig Pleite gefeuert und zurückgelassen. Die Kerle die ihm – davon ist er nach wie vor überzeugt – etwas in seine Drinks geschüttet und ihn danach seines Lohnes beraubt hatten waren wie vom Erdboden verschluckt. Das einzige woran er sich noch erinnern kann ist ein Tattoo das das Kreuz des Südens umschlungen von einer Cobra zeigt.
MacCabe fristet seit dem ein eher trostloses Dasein als Gelegenheitesarbeiter und Wachmann einer privaten Sicherheitsfirma. Er verdient etwas besser als die meisten Kolonisten und sein wertvollster besitz ist der 13 Jahre alte Mohawk ATV mit dem er nun zwischen zwei schwer beladenen Landcrawlern in der Perimeterschleuse auf die Abfertigung durch die Koloniale Miliz wartet.

Mit den Crawlern haben die routinierten Kontrolleure kaum Arbeit, da die Trucks die Kolonie mit allem Lebensnotwendigen versorgen, werden selbst für den Fall das potenziell gefährliche Güter in den Perimeter hineingelangen oft beide Augen zugedrückt.

Mit den Privatfahrzeugen sieht die Welt ganz anders aus, das weiß MacCabe aus der Erfahrung, doch das ein Trupp schwer bewaffneter Marines die Koloniale Miliz begleitet ist bisher nie vorgekommen. Die beiden Milizen haben nun den letzten Wagen vor ihm abgefertigt und wenden sich zu MacCabe um. Der Blick des Größeren der beiden Kontrolleure beunruhigt ihn derart, das sich die Nackenhaare aufrichten. Irgendetwas stimmt hier nicht.
Ein Blick auf den Heckmonitor bestätigt, das MacCabe von vier weiteren Soldaten eingekreist ist. Was ist hier los…

ID bitte!“ fordert der Kontrolleuer und es klingt rein gar nicht nach einer Bitte. MacCabe reicht dem hageren aber hoch gewachsenen Mann seine ID-Card hinüber und behält wie üblich die Hände auf dem Steuerhorn des Mohawk ATV.

„Vincent MacCabe,“ stellt der Mann fest. Sein Namensschild weist ihn als Corporal Gordon Hamerton von der Kolonialen Miliz aus. „Ihr Fahrzeug wird im Zusammenhang mit einem Diebstahl gesucht. Folgen sie dem Einsatzfahrzeug, zwei Männer werden Sie begleiten!“

Hamerton deutet auf zwei der Marines hinter ihm, die sofort reagieren und auf den Mohawk zugehen. Der eine mit einem Exo-Gefechtspanzer bekleidete Soldat hält ein Torika 022 LAR locker in der Rechten und springt hinten auf die Ladefläche. Das Fahrzeug bebt als der weit mehr als 100 Kilogramm schwere gefechtspanzer mit seinen Träger und der Ausrüstung auf der Ladefläche aufsetzt.

Der Andere – offenbar ein Offizier – setzt sich neben MacCabe auf den zweiten Vordersitz des Mohawk.

Copyright 1991-2013: Mads Arkholm

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