Kaffee?

von Clem Carlos Schermann
„Haben sie eine Erklärung dafür?“ Professor Ngumo Modupe mustert aufmerksam sein Team wissenschaftlicher Mitarbeiter aus seinen großen weißen Augen mit den tiefschwarzen Pupillen. Seine dunkle Stirn runzelt er, als er seinen Kopf leicht senkt, während seine Pupillen jeden einzelnen nacheinander intensiv anstarren. Er faltet seine Hände vor dem Mund. „Niemand? Keiner von ihnen?“
Betroffen schaut das Team auf verschiedene Holoprojektionen und Monitore, auf denen Flussdiagramme und Messergebnisse in wirren Linien wiedergegeben werden. Das künstliche, bunte Licht der Projektionen ergänzt das Neonlicht, das den Sitzungsraum von der Decke her besonders kalt ausleuchtet. Die metallenen Wände sind vom Zahn der Zeit gezeichnet und sind an verschiedenen Stellen leicht angerostet oder mit soliden Schweißarbeiten ausgebessert worden. Immer neue und immer andere Kabelschächte und Leitungskanäle aus unterschiedlichen Materialien am Boden oder unmittelbar unter der Decke rahmen die Wände ein und versorgen die verschiedenen Monitore und Tafeln mit Strom. Ein Linsenschott führt aus dem Raum heraus. Gegenüber des Schotts am anderen Ende des Raums steht der schweren Stuhl des Professors am Kopfende des Sitzungstischs; hinter dem Stuhl befinden sich zwei große Bullaugen in der Außenwand, durch die die glitzernden Sterne zu sehen sind. Acht Assistenten schweigen. Sie sind bekümmert und ängstlich. Denn sie sind ratlos und trauen sich nicht, auf Fragen des Professors Antworten zu geben.
„Sehen sie, meine Damen und Herren … Sie sind nicht grundlos hier. Ich habe sie ausgewählt, um diese Forschung zu fördern und zu verstärken. Sie gehören zu den Jahrgangsbesten ihrer Institute oder Fakultäten. Ich habe nicht erwartet, jemals so viele Spezialisten vor mir sitzen zu sehen, die keine Antworten haben.“ Professor Ngumo lässt sich tief in seinen Stuhl sinken. Er stützt seine Ellbogen auf den Tisch, nachdem er die Projektionen alle mit einem einfachen Knopfdruck ausgeschaltet hat. Nur noch das klare, kalte Licht der Neonlampen flutet den Raum. Wie es von der Decke strahlt, so wirft es tiefe, lange Schatten auf die Gesichter der Assistenten – in Augenhöhlen, unter der Nase und dem Kinn, den Brillen und einzelnen Haarsträhnen. Wie teilnahmslose Karikaturen ihrer selbst sitzen sie starr auf ihren Plätzen. Bei einzelnen glänzt Angstschweiß auf der Stirn.
„Schon wieder. Das ist in den letzten Wochen nicht das erste Mal, dass wir neue Werte hier haben, aber keine Antworten.“ Er drückt einen Knopf, wodurch ein leises Knistern aus einem Lautsprecher an der Tischoberfläche ertönt. „Miss Stewart. Sind die Schreiben fertig?“
„Ja, Sir.“
„Bringen sie sie!“
„In die Besprechung? Ich dachte…“
„Ja. Und Kaffee Bitte.“
„Ja, Sir.“
Nun lehnt er sich zurück und lässt seine schweren, großen Hände auf der Tischkante ruhen. Entspannt und ruhig mustert er seine Assistenten. Blickkontakte werden vermieden.
Als sich das Linsenschott leise schabend öffnet, schaut eine unscheinbare Assistentin mit nussbraunem, kurzem Haar angstvoll auf und zur Tür. Eine ältere, gesetzte, bleiche Frau mit silbergrauem Haar und in ein modisches Kostüm gekleidet betritt den Raum. Sie trägt ein Tablett, auf welchem eine metallene Kaffeekanne, eine einzelne Kaffeetasse mit einem gläsernen Rührstab, Milch und Zucker sowie eine Aktenmappe liegen. Auf ihren Stöckelschuhen, die rhythmisch auf der metallenen Oberfläche klackern, geht sie zügig zu Professor Ngumo und stellt das Tablett vor ihn auf den Tisch. „Danke, Miss Stewart.“ Sie lächelt angestrengt, nickt kurz, verlässt den Raum und schließt das Linsenschott wieder.
Die unscheinbare Assistentin schielt verunsichert auf die Mappe und zittert leicht.
Langsam und genüsslich schenkt sich Professor Ngumo eine Tasse Kaffee ein; ein Schuss Milch und zwei Würfel Zucker folgen. Mit dem Glasstab rührt er in dem Becher, und das Klirren im Becher steigert die unerträgliche Spannung. „Möchte noch jemand einen Kaffee?“ Ein boshaftes Lächeln deutet sich an seinen Mundwinkeln an. Dann legt er den Glasstab zur Seite und nippt zufrieden an dem Kaffee. Nachdem er die Tasse abgesetzt hat, legt er die Hände zusammen und mustert seine Assistenten wieder. „Sie … sind als wissenschaftliches Team eingestellt. Ihre Aufgabe ist es, Messungen und Messverfahren auszuwerten und vor allem die Unerklärlichen Ergebnisse zu beschreiben und zu erklären. Korrigieren sie mich, wenn ich mich täusche.“
Jetzt erhebt er sich und stolziert langsam um den Sitzungstisch herum. Jedes Mal, wenn er einen seiner Assistenten passiert, würdigt er ihn keines Blickes; der aber sackt merklich zusammen. „Das Unerklärliche kann offenkundig sein; oder es verbirgt sich hinter Werten, die normal … schei-nen. Für beides müssen wir Forschungsergebnisse vorweisen.“
Als er das Schott erreicht, schaut er kurz in die Mitte der Linse. Dann setzt er seinen Gang fort. „Sie wissen, warum wir das müssen. Das erklärte ich ihnen bei ihrer jeweiligen Begrüßung und auch immer wieder, wenn wir in der Vergangenheit etwas herausgefunden haben. Wir sind nicht allein der Wissenschaft verpflichtet; wir sind vor allem unseren Geldgebern verpflichtet. Sie kennen die Liste der größeren und kleineren Unternehmen; sie wissen, welche zentralen Einrichtungen der FSA hier Interessen verfolgen. Sie wissen vor allem auch, welcher tiefere Sinn dahinter steht, was wir hier tun. Was sie nicht wissen … nun, ich sollte sagen: offenkundig nicht wissen WOLLEN …“, hier erhebt er seine Stimme, hält kurz inne und guckt sich kurz in der Runde um, „ … ist, dass ICH derjenige bin, der mit den Geldgebern regelmäßig spricht.“ Er geht nun weiter, denn wieder kreuzen sich keine Blicke; er sieht nur die betretenen Gesichtsausdrücke gesenkter Köpfe von seinen Assistenten, die versuchen, immer kleiner und unauffälliger in ihren unbequemen Stühlen zu verschwinden.
„Was meinen sie, was passieren würde, wenn ich auf Fragen ebenso schweigsam wäre, wie sie es sind?“ Er geht ohne weitere Worte weiter, bis er an seinem Stuhl angekommen ist. Dort ergreift er die Mappe und setzt seinen Gang fort. Er geht langsamer und öffnet die Mappe, um in ihr zu blättern. Bei jedem einzelnen Assistenten macht er kurz Halt, sucht aus einem kleinen Stoß Papieren ein Dokument, zieht es heraus und legt es dem jeweiligen Assistenten vor, wobei nur die leere Rückseite zu sehen ist. Unbekümmert spricht er weiter. „Die Geldgeber würden damit beginnen, immer mehr Fragen zu stellen. Vor allem würden sie Untersuchungen einleiten. Sie würden wissen wollen, was mit ihrem Geld passiert, wenn sie auf ihre Fragen keine Antworten von mir erhielten. Sie, meine Damen und Herren, glauben gar nicht, wie genügsam diese Manager und Politiker sind. Einfache Antworten, die einfach nur wissenschaftlich klingen, genügen ihnen oftmals – selbst solche, die keinen Aussagewert haben. Aber wissen sie was?“ Jetzt steht er wieder vor der Linse und mustert sie kurz. „Mir gehen die Antworten mittlerweile aus.“
Unerwartet drückt er den Türöffner, und die Linse schnellt knirschend auf. Auf der anderen Seite kauern zwei Personen, als würden sie an der Tür horchen – Miss Stewart und ein junger Mann mit einem indianischen Einschlag. Erschrocken und entsetzt schauen Sie zum Professor auf. Sein vernichtender Blick täuscht über die harmlose Frage hinweg: „Gibt’s was?“
Miss Stewart stammelt nur ein „N-n-nein“ und begibt sich zu einem großen Schreibtisch mit umfangreichen EDV- und Kommunikationssystemen, während sie hochrot anläuft. Der junge Mann ist wie gelähmt. Professor Ngumo starrt ihn abschätzig an: „Ich kenne sie doch. Sind sie nicht der Hiwi von Doktor Matsuke?“ Er erwartet keine Antwort und will die Tür schließen, als der Mann reagiert: „J…ja, Sir.“ Das linke Auge von Professor Ngumo zuckt kurz überrascht. Dann wendet er sich seinem Team zu. „Der hat gerade mehr gesagt als sie in der letzten halben Stunde. Ist das nicht lustig?“ Dann wendet er sich dem jungen Mann wieder zu. „Los! Losloslos! Kommen sie rein!“
„I-ich …?“
„Ja, sie. Sie waren doch auch daran interessiert, was hier besprochen wird. Jetzt können sie nicht nur zuhören. Ich gebe ihnen eine Chance …“ Irritiert steht der junge Mann vor der Linse; der Professor zögert nicht und zieht ihn mit beachtlicher Leichtigkeit in den Raum. Dabei flunkert er Miss Stewart gleichgültig an: „Miss Stewart, keine Gäste. Wenn Doktor Matsuke nach … nach … Wie ist ihr Name?“
„Pedro.“
„Haben Sie keinen Namen?“
„Äh, äh …Pedro Sastre.“
„Wenn Doktor Matsuke nach Mister Sastre fragt, sagen sie ihm, dass er in einer Besprechung mit mir ist. Keine Störung!“
„Jawohl, Sir.“ Miss Stewart fühlt sich nicht wohl. Aber sie ist erleichtert, dass Professor Ngumo abgelenkt ist. Dann schließt sich die Linse mit seinem charakteristischen Geräusch.
Pedro steht wie bestellt und nicht abgeholt an der Linse, während Professor Ngumo seinen Marsch um den Sitzungsraum fortsetzt. „Meine Damen und Herren, darf ich ihnen vorstellen: Pedro Sastre, Hilfswissenschaftler von Doktor Matsuke. Mister Sastre – mein Team.“ Mit diesen Worten erreicht er seinen Platz und schaltet die Diagramme und Statistiken wieder ein. In allen Farben flackern und leuchten die verschiedenen Anzeigen an den Wänden und in der Holoprojektion über dem Sitzungstisch. „Mister Sastre. Bitte, schauen sie sich diese Werte an! Und sie anderen bitte auch.“ Professor Ngumo setzt sich wieder.
Unsicher tritt Pedro kurz vor und schaut sich die Holorpojektionen an. Schnell lässt er davon ab und geht unsicher zu den Projektionen an den Wänden. Als er die dritte erreicht, haftet sein Blick sehr viel länger an diesem als bei den übrigen, weil ihm mehrere Kleinigkeiten an der Grafik irritieren. Niemand bemerkt, wie sich Professor Ngumos Gesichtszüge geringfügig erhellen. Dann dreht sich Pedro um. „Geh… Geht es hier drum?“ Er deutet auf die dort abgebildeten Messergebnisse.
Professor Ngumo sieht sich in seinem Team um: „Was meinen Sie? Geht es da drum?“ Betreten halten sich die Assistenten zurück. Lediglich die unscheinbare Frau mit den kurzen nussbraunen Haaren wird etwas unruhig. Sie hebt zaghaft ihre Hand. „Miss Löndrum! Bitte!“
„Ich … denke schon.“
„Und was meinen Sie dazu? Haben Sie sich die Werte selbst näher angeguckt?“
„I … ich … Nun ja, … nein.“
„Warum nicht?“
Schüchtern schaut sie auf den Tisch und ziert sich mit der Antwort, wobei ihr Blick sie verrät, als dieser ein wenig zum anderen Ende des Tisches zuckt.
„Ich sage ihnen, warum sie sich die Werte nicht angesehen haben. Weil sie für diese Werte nicht zuständig waren. Sie haben sich bis jetzt mit anderen Daten beschäftigt, die damit möglicherweise in keinem Zusammenhang standen. Und dass sie jetzt nicht antworten, spricht für ihre Kollegialität. Sie haben etwas gesehen, sind neugierig geworden und wollen nun den Ruf ihrer Kollegen nicht beschädigen. Liege ich da in etwa richtig?“ Miss Löndrum atmet sichtlich entspannt durch und nickt andeutungsweise. „Und zwar war ihnen das schon bei unserer Besprechung vor zehn Zyklen bewusst. Richtig?“ Wieder nickt sie erleichtert, bis Professor Ngumo plötzlich explodiert: „Aber, verdammt noch mal, sie sind hier nicht für Kollegialität, sondern für den wissenschaftlichen Erfolg!“ Alle im Raum zucken zusammen, als er laut mit seiner tiefen, dunklen Stimme wie ein Sturm grollt. Nur das leise Surren der verschiedenen Anzeigentafeln und der Projektion sind danach noch zu hören, während alle außer dem Professor ihren Atem anhalten. Professor Ngumo nimmt einen Schluck Kaffee und erdet sich selbst, wobei seine Nasenflügel beben und seine eigene Anspannung anzeigen.
„Ss… Sir?“ Pedro flüstert fast nur.
„Mister Sastre. Was sehen sie auf der Anzeige?“ Professor Ngumo ist ungeduldig und widmet seine volle Aufmerksamkeit wie gelangweilt seinem Kaffee.
Pedro wendet sich der Tafel zu und sieht sich die Anzeige näher an. „Ich … nun … äh …“
„Kommen sie zur Sache! Ihr Publikum langweilt sich.“ Dabei macht der Professor eine ausschweifende Bewegung in die Runde der Assistenten, die verlegen in die Leere starren.
„Die Grafik bildet ab, was ein Massenspektrometer in den letzten 17 Zeiteinheiten erfasst hat. Die, die, ähm … die Einheit ist ungewöhnlich für so ein Spektrometer. Zyklen?“
„Ja, Zyklen. Im Sinne von Tagen. Fahren sie fort!“
„Tage? Wirklich? Ok. Also, auffällig sind zwei geringfügige Ausschläge, deren Werte ab ihrem jeweiligen Ersteintritt dann auf gleichbleibend hohem Niveau bleiben. Wie eine Treppe …“
„Und?“
„Sir … ich … ich verstehe nicht … Was wird denn hier gemessen?“
„Mister Sastre. Was sie da sehen, ist das Massenspektrometer-Diagramm für einen Sektor in dem Sternensystem HG 51Y92 – in den FSA Karten auch als System Tian Three verzeichnet.“
„Massenspektrometer für Sternensystemsektoren?“ Pedro ist erstaunt.
„Ein neuartiges Messverfahren, das wir hier verfeinern! Das sollten sie … Ach, sie sind ja Hiwi von Matsuke. Anderes Projekt … Gut. Professor Henry Muller-Dawson des Astrometallurgischen Instituts auf New Shengzen hat ein Spektrometer-System entwickelt, welches nicht auf molekularer Ebene sondern in deutlich größerem Umfang Messungen vornimmt; dabei werden die Messverfahren von klassischen Massenspektrometern, Gravitometern und radiologischen Scannern verknüpft; dieses Verfahren ist jung, hat sich in verschiedenen Tests als nützlich und geeignet herausgestellt, um systemweite Untersuchungen nicht nur über Vorkommen, sondern auch Dichte von Mineralien und Molekülen aller Art zu ermitteln – nicht Dichte im Massensinne sondern im Sinne von Anzahl pro Volumeneinheit. Und nun wenden wir dies auf Tian Three an. Und zwar messen wir gezielt nach metallurgischen Verbindungen, die auf Titan und verschiedenen radioaktiven Metallen basieren. Jetzt, da sie wissen, was gemessen worden ist, was sagen sie zu dem Ergebnis?“
„Ähm … äh … Messfehler … Die Sektoren … ich meine … Das ist doch nicht möglich, dass es solche Wertsteigerungen in so kurzer Zeit gibt … Sicher, dass die Anlage richtig kalibriert ist?“
„Mister Schmidt. Ihr Aufgabenbereich!“ Professor Ngumo klopft ungeduldig auf dem Tisch. „Mister Schmidt. Der Student beleidigt sie. Er wirft ihnen vor, dass sie ihre Geräte nicht richtig kalibriert haben!“
Ein dicklicher Mann mit einem nun roten Gesicht guckt nervös auf. Seine helle Stimme strahlt alles andere als Zuversicht aus. „Professor Ngumo. Ich versichere ihnen …“
Der Professor winkt ab: „Mister Sastre. Sie hören meinen Assistenten. Die Geräte sind in Ordnung. Was kommt noch in Frage?“
„Solche Werte? Und alle Geräte in Ordnung? Nun, äh …“
„Glauben sie etwa, ich suche mir unfähige Assistenten für meine Arbeit aus oder habe mich nicht selbst über die Funktion der Geräte rückversichert?“
„Nein. Neinnein, Sir. Ich meinte …“
„Ja?“
„Solche Abweichungen … Ich verstehe das nicht. Das sind Steigerungsraten, die sich mir nicht erklären.“
„Warum sind sie dann Hilfswissenschaftler von Matsuke?“
„Äh …“ Pedro bekommt feuchte Hände. „Nun, Sektor in einem Sonnensystem … Wahnsinn. Sektor … Das ist was für ein Gebiet?“
„Miss McPherson. Ihr Bereich. Welches Gebiet wird durchleuchtet?“
Am fernen Ende des Tisches schaut eine Frau mit blondgefärbtem Haar auf, das im Ansatz wieder merklich nachgedunkelt hat; sie lächelt und sieht mit leblosen Augen abwechselnd zu Professor Ngumo und Pedro: „Nun, das … das Gebiet, das durchleuchtet wird, ist kegelförmig und erstreckt sich 15 Millionen Kilometer in die Tiefe. An der Basis dehnt es sich 10 Millionen im Durchmesser aus. Es … es ist ein kleiner Sektor, der einen Ausschnitt des Asteroidengürtels in Tian Three betrachtet.“ Sie lächelt nochmal kurz und lehnt sich dann wieder zurück in ihren Stuhl.
„ Und was sagen Sie zu diesen Werten, jetzt, da wir wissen, dass sie doch reden können?“ Professor Ngumo durchbohrt sie mit seinen Blicken.
„Nun, Professor, ähm … Nun … Wir untersuchen das noch.“
„Miss McPherson – der erste Sprung in den Werten geschah vor dreizehn Zyklen, der zwei vor sechs. Nach jedem Sprung bleiben die Wert auf dem neuen erhöhten Wert. Irgendwelche Erklärungen? Ideen?“
„Wir… wir warten noch auf Bildmaterial von den Förderstationen.“
„Wie lange kann das wohl dauern? Ein Zyklus, zwei Zyklen? Wann haben sie denn um Bildmaterial gebeten? Und was werden ihnen denn rein optische Bildmaterialien von Förderstationen mitteilen, was nicht in Präzisionssystemen schon ermittelt worden ist?“ Miss McPherson schnappt kurz nach Luft und wendet sich verlegen ab.
„Mister Sastre. Da sich meine Assistentin als resistente Verweigerin darstellt – was sagen sie?“ Professor Ngumo macht eine abwertende und wegwerfende Bewegung.
Ratlos und unsicher schaut Pedro zwischen Professor Ngumo, Mister Schmidt, Miss McPherson und Miss Löndrum hin und her. Professor Ngumo: „Nun?“
„Sir. Wenn die Messergebnisse stimmen und die Masse-Werte derart ansteigen, dann … dann … Das würde ja bedeuten, dass Materie in so einem Umfang wie aus dem Nichts entsteht. Mir fehlen die Vergleichsgrößen … Aber, das sieht nach mehr als nach Kometen oder so aus.“
„Materie aus dem Nichts?“ Professor Ngumo lehnt sich zurück. „Wie soll das gehen?“
Pedro tritt nervös von einem Fuß auf den anderen. „Ich … ich weiß nicht. Sonneneruptionen vielleicht? Planetoiden, die die Umlaufbahn gewechselt haben? Was …? Gibt es denn …? Ich meine … Andere Messungen? Oder verläuft der Orbit eines Zwillingplaneten durch den Sektor?“
Professor Ngumo nippt an seinem Kaffee und beobachtet Pedro aufmerksam. Es ist wieder still in dem Raum. „Mister Sastre. Kennen sie dieses Sonnensystem? Tian Three?“
„N … Nein. Sollte …“
„Der Asteroidengürtel in dem System wird nicht von der Umlaufbahn eines Planeten durchkreuzt. Auch nicht von Planetoiden. Ein Komet würde diese kurzen Distanzen zwischenzeitlich verlassen haben, weshalb die Werte hätten einbrechen müssen. Und Sonneneruptionen … Die manifestieren sich nicht in Asteroiden! Aber dennoch, wie sie richtig gesehen haben: Die Werte tauchen unerwartet auf und bleiben auf dem neuen höheren Niveau.“ Professor Ngumo erhebt sich. „Meine Damen und Herren. Vor ihnen liegt ein Schreiben, dass ich angefertigt habe. Mit Ausnahme von Miss Löndrum drehen sie das Dokument bitte um und lesen sie den Inhalt.“
Miss Löndrum beginnt zu schniefen. Sie ist sichtlich bemüht, die Fassung zu bewahren; aber die Tränen in den Augen bezeugen, dass die Verwirklichung ihrer schlimmsten Befürchtungen von ihr angenommen worden ist. Daher sieht sie nicht, wie die übrigen sieben Assistenten alle gleichermaßen bleich werden. Professor Ngumo wartet einen kurzen Augenblick. Dann spricht er: „Jetzt, da sie wissen, was diese Empfehlungsschreiben für sie bedeuten, wenden sie sich an Miss Stewart. Sie wird mit ihnen alles Weitere klären. Und jetzt gehen sie mir aus den Augen!“
Nach und nach erheben sich alle und wenden sich auf ihren wackligen Beinen zum Gehen. „Miss Löndrum und Mister Sastre. Sie bleiben hier!“
Knirschend öffnet sich das Schott; ebenso schließt es sich, als die sieben anderen Assistenten den Raum schließlich verlassen haben. Professor Ngumo hat sich zwischenzeitlich gesetzt und sich wieder Kaffee eingeschenkt. Während er Zucker und Milch verrührt, schaut er Miss Löndrum und Pedro ruhig und gelassen an. „Kaffee?“

Auch von Clem Carlos Schermann

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