Mr. Smith – die Erste

von Clem Carlos Schermann

Hell schimmert gelegentlich eine blitzende Nebelschwade durch das tiefschwarze Dunkel, in welchem gelegentlich vereinzelte kleine Sterne aufblitzen. Die stehende Stille wird gelegentlich durch ein warmes, entferntes Brummen durchdrungen, welches sich wie eine Vibration anfühlt. Die aufblitzenden und flackernden Nebel tauchen regelmäßig auf und verbleiben stets an derselben Stelle. Und jedes Mal sehen sie unterschiedlich aus. Das Vibrieren ertönt in einem anderen Takt. Und sie beeinflussen sich gegenseitig.
Als die Nebel größer und heller aufflackern, erklingt ein weiterer Klang, als würden mehrere unterschiedlich gefüllt Gläser mit hölzernen und metallenen Stäben angeschlagen. Die ungewöhnlich disharmonischen Geräusche treten in der schärfsten Regelmäßigkeit auf. Dann öffnet sich ein schmaler Horizont, der die Nebel teilt. Ein grünlich eingetauchtes, dunkelblaues Schemen taucht auf, in welchem ein grelles, rotes, aber sehr kleines Licht rhythmisch zum Nebel und zu dem stechenden Klang flackert.
Müde und kraftlos gräbt sich die Hand durch die Bettdecke und greift nach der Telekom-Einheit, um unmotiviert das Gespräch anzunehmen. Das rote Licht springt in einen durchgehend grünen Modus, während gleichzeitig auf einem kleinen Display ein Mann zu sehen ist. Normaler kann ein Mann nicht aussehen, der extrem durchschnittliche Kleidung trägt, in seiner Frisur ein Standard-um-die-Ecke Angebot aus einer der Cut-Salons ausgewählt hat und die äußere Pflege wählt, die niemanden überrascht, aber auch niemandem auffällt. In seinen graublauen Augen brennt jedoch eine kleine Begeisterung, und über seinen Mundwinkeln sind andeutungsweise Freude und Euphorie abzulesen.
Müde murmelt der Schläfer: „Mhm?“
„Mr. Smith?“
„Mhm.“
„Steht der Kanal?“ Die Freude des Mannes wird durch Skepsis ersetzt.
„Sie rufen mitten in der Nacht an. Die Kamera ist aus.“
„Ah, so. Mr. Smith, ich bin gerade auf Newest York angekommen – am Frachthafen.“
„Mhm.“
„Es hat geklappt!“ Jetzt leuchten die Augen des Mannes wieder.
Mr. Smith liegt in seinem Bett und reibt sich nun die Schläfe. Er atmet und ist sichtlich darum bemüht, die Informationen einzuordnen.
„Mr. Smith?“
„Ja doch. Ich habe Ihnen zugehört.“ Jetzt lehnt er sich aus dem tiefen Kissen zu der Telekom-Einheit, um den Anrufer genauer zu betrachten. „Kenne ich Sie?“
„Sie baten darum, dass ich Sie kontaktieren soll, wenn …“
„Welches Projekt?“
„Wie bitte?“
„Na, welches Projekt?“
„Äh, ich verstehe nicht … Der Virus …“
Mr. Smith rekelt sich und legt sich frei. Angestrengt mustert er den Mann. In seinen eigenen Augen ist die Verwirrung klar zu erkennen – aber auch, wie sehr er bemüht ist, den Anruf zu verstehen. „Der Virus?“ Schlagartig ist er hellwach. „Verdammt noch mal! Warum rufen Sie denn hier an?“
„Äh. Da … da … da …“
„Habe ich Ihnen nicht eine …?“
„Sie haben mir nur eine Nummer genannt.“
„Wie sind die letzten drei Ziffern?“
„Wie?“
„Die letzten drei Ziffern!“
„Äh … 883.“
Mr. Smith entspannt. ‚Natürlich, die verschlüsselte Rufumleitung.’ „Gut. Gab es Komplikationen?“
„Es war, wie Sie gesagt hatten. Während des Flugs habe ich die Schiffsdatenbank um einige Informationen ergänzt. Also den Vir…“
„Jajaja, Weiter. Was dann?“
„Ok. Dann, bei der Landung in der Landungszone hat der Transporter den Datenabgleich durchgeführt. Dabei wurden die Daten überspielt, wie es zu erwarten war. Es gab keine Systemalarme; auch wurde die CTC nicht aktiv. Das Paket ist also angekommen. Mit meiner Ankunft hier auf Newest York habe ich die Rufnummer angewählt, wie sie gesagt haben, Mr. Smith.“
„Gut.“
Der Anrufer strahlt stolz.
„Ich werde die Bezahlung veranlassen. Sie erhalten innerhalb der kommenden Stunde die Kontodaten, über die Sie an die Credits gelangen können.“ Damit beendet Mr. Smith die Leitung.
Er sitzt in seinem Bett und vergräbt nun sein Gesicht in seinen Händen; den Kopf stützt er dabei auf den Armen ab, indem die Ellbogen auf den Knien ruhen. Seine Finger pflügen langsam durch sein vom Schlaf zerwühltes Haar. Dann richtet er sich langsam und entspannt auf. Glucksend setzt ein boshaftes Lachen ein.

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